Prüfung zum Chen Taijiquan Xiaojia Lehrer Thomas Strube

03.10.2023

Thomas Strube hat am 3.10.2023 die Lehrerprüfung zum Chen Taijiquan Xiaojia Lehrer bestanden und wir gratulieren ihm herzlich zu diesem Erfolg!
Thomas ist ein echter Kampfkünstler, der mit Liebe, Ausdauer und Bescheidenheit seinen Weg verfolgt. Er hat eine große Leidenschaft für die Kampfkunst.
Wir sind glücklich, ihn in unserer Gemeinschaft zu wissen, und freuen uns auf viele weitere Jahre der gemeinsamen Lern- und Übungspraxis mit ihm.

Annemarie Leippert

Dietmar Stubenbaum und Thomas Strube
Dietmar Stubenbaum und Thomas Strube

Seinen Werdegang in der Kampfkunst könnt Ihr nachfolgend von Thomas selbst erzählt erfahren:

Mein Interesse an chinesischen Kampfkünsten wurde schon im Grundschulalter geweckt durch die Kung Fu Comics (Shi Kai der Rebell, Zendo der Hai,…) und die gleichnamige Serie mit den Abenteuern des Shaolinmönchen Kwai Chang Caine im Wilden Westen des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Auf Anraten eines TCM-Arztes begann ich 1991 Taiji zu üben. An der Uni Saarbrücken gab es zu dieser Zeit im Rahmen des Hochschulsports einen Schnupperkurs, in welchem die Pekingform unterrichtet wurde. Ich war direkt von der Art der Bewegung begeistert, aber leider startete der Kurs jedes Semester von Neuem, es gab keinen Fortgeschrittenenkurs.
Daher suchte ich wohnortnah nach einem Kurs in Taijiquan und begann 1992 bei Fumiko Terauchi eine Kurzform der traditionellen Yangform nach Zheng Manqing zu lernen.
Leider war das Interesse an Taijiquan im ländlichen Raum zu dieser Zeit nicht sehr groß und schon bald war ich einer der letzten Schüler, der vom Kurs verblieb und der Kurs wurde geschlossen.

1993 kam zum ersten Mal Frau Jian Gui Yan aus Guangzhou zu einer Seminarwoche ins Elsaß.
Jian Gui Yan ist Tudi von Yang Zhen Duo, dem jüngsten Sohn von Yang Cheng Fu, dem Entwickler der heute am stärksten verbreiteten Form des Yangstils, sowie Tudi von Wu Ying Hua, der Enkelin von Wu Quan You, dem Begründer des Wustils und gute Freundin von Sun Jian Yun, der Tochter des Sunstilbegründers Sun Lu Tang.
Sie unterrichtete u.a. die die Pekingfaust und-schwertform und die Geschmeidigkeit und die Ausdrucksstärke ihrer Bewegungen faszinierten mich. Leider sprach sie nur chinesisch, so dass eine Kommunikation nur sehr eingeschränkt möglich war. Daher begann ich nach dem Seminar hochchinesisch zu lernen, in der Hoffnung so auch genauere und mehr Details aus ihrem Unterricht mitnehmen zu können.

Schon 2 Jahre später ernannte mich Pieter de Haas, der Organisator der jährlichen Elsaß-Seminare, zum Übersetzter, was mir als Student gleich doppelt entgegenkam: es ersparte mir die Seminarkosten und mit den Jahren wuchs zwischen mir und Frau Jian eine sehr persönliche Beziehung. Sie machte es sich zur Aufgabe mich in meiner Entwicklung im Taijiquan so gut zu unterstützen, wie es ihr möglich war und so lernte ich über sie das Facettenreichtum dieser faszinierenden Kampfkunst kennen.

Über Frau Jian lernte ich Frau Sun Jian Yun und ihren langjährigen Meisterschüler Herrn Zhang Zhen Hua persönlich kennen, der mehr als 15 Jahre auf den Elsaßseminaren den Sunstil unterrichtete und mit dem ich bis heute freundschaftlich verbunden bin.

Da mir klar war, dass ein einwöchiger Unterricht pro Jahr nicht ausreichen würde um ein vertieftes Verständnis für die Kunst des Taijiquans zu entwickeln suchte ich aber auch weiter nach Lehrern vor Ort.
So lernte ich ab 1994 in Saarbrücken von Meister Choi Chae Gyun den Ablauf der Yilu im ChenStil Dajia, die er von einem nach Korea geflüchteten Chenstil-Meister gelernt hatte.
Aber die Gruppe war klein und schon nach 2 Jahren war außer mir niemand mehr da, der weiterlernen wollte.

Mitte der neunziger Jahre begann ich Wustil Taijiquan bei Jürgen Meier, einem ortsansässigen Schüler von Ma Jiang Bao, zu lernen. Etwa ein Jahr darauf fragte mich ein Mitschüler, ob ich nicht zusammen mit ihm nach Holland fahren wolle, um auf den monatlich von Bart Saris organisierten Seminaren Wustil direkt bei Meister Ma Jiang Bao, einem Sohn von Wu YingHua, zu lernen, was wir dann etwa 10 Jahre lang taten. 

Im Jahr 2000 lernte ich Frank Grothstück, den einzigen deutschen Tudi von Yang Zhen Duo kennen, und nahm ab 2004 über 15 Jahre regelmäßig an den Wochenendseminaren in seinem Yang Chengfu Tai Chi Chuan Center in Köln teil. Bei Frank vertiefte ich nicht nur die traditionellen Formen des Yangstils, sondern lernte auch die Basiskonzepte des Tui Shous der Yangfamilie kennen. Über die Jahre wurden wir Freunde und mit seiner Hilfe versuche ich stetig meine Kenntnisse im Yangstil Taijiquan zu vertiefen.

Zwischenzeitlich hatte es sich herumgesprochen, dass ich auf den Elsaßseminaren als Übersetzer tätig bin und so bekam ich weitere Anfragen auf Seminaren zu übersetzen. So lernte ich u.a. Meister Yang Zhen He (Yangstil) und Meister Li Sui Yin (u.a. Yangstil-Bagua-Taijiquan) kennen und schätzen, für die ich ebenfalls mehrere Jahre auf Seminaren übersetzte.

Da Frau Jian mein Interesse an dem Kampfkunstaspekt des Taijiquans kannte, stellte sie mir 2002 in Guangzhou Meister Zhang Zi Hao vor, einem Tudi von Liu Rui, der mich die ersten 14 Bewegungen des Zhaobao-Taijiquans (He-Stil XiaoJia) lehrte.
Der Stil beeindruckte mich insbesondere durch die Nähe von Form, TuiShou und Anwendung.

2003 lud Pieter de Hass Meister Zhang für ein zehntägiges Seminar nach Deutschland ein, aber schon bald wurde offensichtlich, dass er sich für diese Art des Unterrichts - in China unterrichtete er nur ausgewählte Schüler persönlich im Einzelunterricht- nicht erwärmen konnte.

Daher war meine Freude groß, als mein jetziger Gongfu-Bruder Stephan Rau mich anrief und mir erzählte, dass sein Taiji-Lehrer Dietmar Stubenbaum ins Saarland käme.
Von meinen Recherchen her wusste ich, dass das von Dietmar unterrichtete Chenstil-XiaoJia-Taijiquan sehr eng mit dem He-Stil-Zhaobao verwandt ist.

So begann 2005 meine Reise durch die Welt des Taijiquans mit Dietmar, der sich als ausgezeichneter Führer durch die Welt des Taijiquans und der chinesischen Kampfkünste herausstellte.

Der von Dietmar unterrichtete Chenstil-XiaoJia nach Chen Peishan und Chen Peiju sticht durch sein sehr klares didaktisches Konzept hervor, welches wohl der Erfahrung vieler Generationen und der ungebrochenen Tradierung innerhalb der Familie von Chen Peishan und Chen Peiju geschuldet ist. Dietmar Stubenbaum hat sich in seiner Jugend der Herausforderung gestellt bei sehr traditionellen Meistern zu trainieren (siehe seine Biographie) und sich durch seine Bereitschaft 'bitter zu essen' hohe Fertigkeiten erworben, welche er durch regelmäßigen Austausch mit den heutigen Linienhaltern des Chenstil-XiaoJias Chen Peishan und Chen Peiju, sowie mit anderen Meistern der chinesischen Kampfkünste, immer weiter vertieft.

Durch seine Bereitschaft sich immer weiter zu entwickeln, aber auch durch das Studium der klassischen Schriften, hat er ein sehr tiefes Verständnis für diese Bewegungskunst erworben, mit Hilfe dessen er die einzelnen Entwicklungsstufen im Taijiquan nicht nur theoretisch klar nachzeichnen, sondern auch, in Zusammenarbeit mit Chen Peishan und Chen Peiju, die Trainingsmethodik an den modernen Menschen anpassen kann, so dass er jeden Schüler, der bereit ist zu lernen, auf seinem Weg begleiten und individuell fördern kann.
Auf diese Weise haben Dietmars Schüler die Möglichkeit diese traditionelle Kampf- und Bewegungskunst mit all ihren Facetten ohne große Um- und Irrwege zu erlernen.

Daher möchte ich diese Gelegenheit nutzen um Dietmar für seine Geduld und sein Engagement zu danken, mit Hilfe derer er es mir ermöglichte - und immer noch ermöglicht, die Kampf- und Bewegungskunst Taijiquan täglich ein bisschen besser zu verstehen.